Du Ferkel!

Hallo ihr Lieben. Da bin ich wieder. Was habt ihr so getrieben?

Es ist Sommerzeit und während meine Eltern in den wohl verdienten Urlaub gen Italien fahren, bleibe ich zuhause und pauke für die kommenden Klausuren, die überraschenderweise Tag für Tag näherkommen. Man merkt, das Studium geht so seinen Gang. Und jeder, der sagt, BWLer machen nichts in ihrem Studium, mussten sich noch nie mit der Kostenrechnung, innerbetrieblichen Leistungsverflechtungen und Betriebsabrechnungsbögen beschäftigen. Dazu kommen Marktanalysen, Buchungssätze, Wahrscheinlichkeitsanalysen und Schadensersatzansprüche. Ich nutze diese Plattform offensichtlich, um mir das Herz auszuschütten und ein bisschen zu jammern.

Aber der Gedanke, meinen Blog wieder aufzunehmen, für eine halbe Stunde in den Erinnerungen an die Philippinen zu schwelgen und diese mit euch, meinen lieben Lesern, zu teilen, gibt mir einen stark benötigten Motivationsschub.

Den Blog und euch mag ich vernachlässigt haben, die Philippinen jedoch nicht. Ich bin noch immer im Kontakt zu Schwestern, Schülern und Freiwilligen und zehre von diesem Austausch. Seit dem letzten Eintrag hier ist viel geschehen. Ein Jahr ist ins Land gezogen, die Falten in meinem Gesicht sind tiefer geworden und die Welt leider kein besserer Ort. Auch die Philippinen haben mit ihrem Anteil an Leid zu kämpfen. Die Regierung setzt ihren erbitterten Kampf gegen Drogen fort, die Terrorgruppe Abu Sayyaf ist weiterhin aktiv und zu allem Übel ist selbst die Natur unberechenbar und von Katastrophenmeldungen geprägt. Wie kommt es, dass überall auf der Welt solche Menschen an die Macht kommen, die es gnadenlos ausnutzen und dabei ohne Probleme das Leben anderer als zweitrangig abtun? Dazu müssen wir gar nicht bis auf die Philippinen gehen. Auch bei uns in den „fortgeschrittenen“ Ländern treffen wir überall auf solche Menschen. Ich bin zwar naiv und will an das Gute in der Menschheit glauben, aber bei den aktuellen Nachrichten fällt auch mir dies schwer.

Umso schöner sind die Neuigkeiten, die ich mit euch teilen kann.
Hier die Schnellupdates:
Im Dorm sind mittlerweile 70 Learner untergebracht. Zum Vergleich: zu meinen Zeiten waren es 45. Ich bin erstaunt, wo sie alle untergekommen sind und wie diese Horde gebändigt werden kann. Ich hatte mit meinen 45 Schätzen schon alle Hände voll zu tun.

Es sind mittlerweile vier Schwestern dort. Zwei kenne ich noch aus meinen Zeiten, zwei neue sind dazugekommen. Sr. Soc, meine damalige Oberin, ist nicht mehr vor Ort und wurde von Sr. Aleth nachgefolgt, die ich zum Ende meines Aufenthalts für wenige Tage kennenlernen konnte und sehr schätze. Mit ihr stehe ich in Verbindung und sie hat mir von den neuesten Entwicklungen berichtet.

Ate Matet, meine philippinische Mitfreiwillige und Freundin, hat geheiratet und ist Mutter von Zwillingen. Ich sehne mich danach, die beiden kennenzulernen. Halle ist in Kanada und da als Lehrerin aktiv wie eh und je. Ate Ana arbeitet in Puerta Princesa City bei der Diözese. So gehen alle ihrer unterschiedlicher Wege. Wir waren für den besten Teil eines Jahres so eng verbunden und jetzt so weit voneinander getrennt, aber irgendwie bleibt der Kontakt bestehen und wir nehmen Anteil am Leben der anderen.

So viel zum Schnelldurchlauf, wer wo ist. Jetzt zu den guten Nachrichten. Zum Ende meines Aufenthalts habe ich ja immer wieder um Spenden gebeten. Trotz meiner vorherigen Ausführungen scheint es auf dieser Welt doch noch viele gute Menschen zu geben. So viele haben gespendet, einen Teil ihres Vermögens für Kinder und Jugendliche abgegeben, die sie noch nie gesehen haben. Und das aus reiner Herzensgüte. Dank euch wird mein Vertrauen in die Menschheit schnell wiederhergestellt. Gemeinsam mit vielen Freunden und Familienangehörigen haben wir es geschafft, fast 2.000 Euro zu sammeln. So viele haben dazu beigetragen und jedem gebührt mein aufrichtiger Dank.

Die Spenden wurden wie versprochen für einen guten Zweck eingesetzt. Der Schweinestall war bei meiner Ankunft ein wunderbar zusammengezimmertes Sammelsurium, in dem unsere süßen Ferkelchen leider recht schnell verstarben. Jetzt konnten die bröckelnden, instabilen Lehmwände durch stahlharte Eisenstäbe ersetzt werden. Wunderbares Timing, da die Muttersau wieder einmal Ferkel geboren hat. Meine Hoffnung ist, dass diese einige Zeit durchhalten. Hoffentlich auch dank der wunderbaren neuen Gitterstäbe. Einige Fotos wurden mir zugeschickt und ich bin begeistert davon, wie die Stäbe blinken und blitzen.

Ich verbuche das (ganz BWL getreu) auf dem Erfolgskonto. Gewinn für uns. Gewinn für die Menschlichkeit.

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Hallo alle miteinander

DSCF7552Ich melde mich zurück; zurück aus der Versenkung, zurück aus dem Untergrund und vor Allem zurück aus Deutschland. Man sagt ja „Time flies when you’re having fun“, und das ist mir in den letzten beiden Monaten besonders deutlich geworden.

Vor genau zwei Monaten kam ich aus den Philippinen zurück und wo ist seitdem die Zeit geblieben? Man kann mir auf keinen Fall Tatenlosigkeit vorwerfen. Ich war durchweg beschäftigt. Am Tag nach meiner Ankunft hat mein Bruder sein Abitur gefeiert, wo ich mit Jetlag und dreifach Pullover hingegangen bin.

Das hat mich ja auch geärgert. Auf den Philippinen lese ich, dass in Deutschland grade Hitzewelle wie seit Jahren nicht ist, 30 Grad Celsius und mehr und ich freu mich schon, „Klima, an das ich gewöhnt bin“, denke ich mir. Kaum komme ich zurück fallen die Temperaturen drastisch auf etwa 20 Grad und ich friere tagein tagaus. So ganz habe ich mich noch immer nicht an die Kälte in Deutschland gewöhnt.

Und dann war da noch die Ankunft in Deutschland selbst. Mir wurde zuvor gesagt, dass das „Re-integrieren“ in Deutschland schwerer wird, als die erste Zeit auf den Philippinen. Demnach war ich gefasst auf Sehnsucht nach „Zuhause“ in Asien, nach meinen Schülern und dem Land. Womit ich jedoch nicht gerechnet hatte, war die Verwirrung, die mich zu allem und jedem überkommen ist. Ich war einfach in jeder Situation verwirrt; die Menschen, die Häuser, die Autos (?). Ich muss gestehen, darauf war ich nicht vorbereitet. Ich kann es auch nur schwer beschreiben. Für mich war es so ein Gefühl des Unverständnisses. Wenn ich Leuten oder Situationen begegnet bin, konnte ich im ersten Moment einfach nicht damit umgehen. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass an mich hohe Erwartungen gestellt wurden. Einerseits, dass ich mich wieder anpasse, andererseits, dass ich jedem sofort etwas von den Philippinen erzählen kann, und dass ich mein Leben jetzt soweit im Griff habe, dass ich Entscheidungen treffen kann.

Nicht, dass mich jemand falsch versteht: Meine Familie war super, haben mich weitestgehend in Ruhe gelassen und mir alle Zeit gegeben, die ich brauchte. Das Gefühl, Erwartungen erfüllen zu müssen, war eigentlich nur in meinem Kopf, aber es hat mich total nervös gemacht.

Dazu kam dann von allen, denen ich begegnet bin, die Frage: „Wie war es?“ Was erwartet man da für eine Antwort? Wie soll ich das tägliche Erlebnis von zehn Monaten in zwei Sätzen zusammenfassen. Darf ich ehrlich sein? Ich hasse diese Frage. Ich habe keine Antwort. Meine Zeit waren keine zehn Monate Highlights. Ich bin nicht von einem Abenteuer ins nächste gesprungen. Es waren auch viele ruhige Tage, ja auch langweilige Momente. Es war einfach mein Leben.

Ich will aber nicht undankbar klingen. Ich verstehe die Neugier über das Unbekannte. So geht es mir ja auch, wenn jemand was Interessantes erlebt hat. Ich freue mich, wenn Leute Interesse an meinen Erfahrungen zeigen.

Die meisten wollen jedoch nur eine kurze Zusammenfassung. Nicht mehr als zwei Minuten, kurz und knapp. Vielleicht eine kleine Anekdote, eine Schilderung der schlimmen Zustände, um das Klischee zu bedienen, und dann noch ein kleines Lächeln mit dem Satz „Es war eine super Erfahrung.“, oder sowas in der Art. Wenn die Leute das hören wollen, dann gebe ich das natürlich auch. Das macht die Sache für mich leichter, ich muss mir keine allzu großen Gedanken um die Antwort machen.

Rückblickend ist es schwer für mich, das Erlebte gut zu schildern. Ich kann nicht genau erklären, wie es sich anfühlt, morgens um halb sechs aufzustehen, in die Messe zu gehen, anschließend mit 50 Menschen zu frühstücken und das ganze Alltag zu nennen. Denn das war es ja; mein Alltag, mein Leben.

Und ja, ich vermisse es in gewisser Weise. Manchmal fehlt mir die Einfachheit meiner Umgebung. All das, was mir hier zur Verfügung steht ist reichlich und ein bisschen überwältigend. Manchmal fehlt mir die Schlichtheit im Vergleich zur Qual der Wahl. Ich kann und darf hier in Deutschland so viel machen, dass ich manchmal vergesse, etwas zu tun. Ich weiß nicht, ob das Sinn ergibt, aber manchmal fühle ich mich hier nutzlos. Ich denke, so lässt es sich am besten beschreiben.

Viele fragen mich, was ich aus den Philippinen mitgenommen habe. Ich bin nicht sicher, ob ich die eine große Erkenntnis über mein Leben und mich selbst gelernt habe. Das wage ich zu bezweifeln. Aber ich denke, was mir auf jeden Fall geblieben ist, ist eine gewisse Dankbarkeit für Dinge, die ich letztes Jahr noch als selbstverständlich genommen habe. Beispiel: warmes Duschwasser. Wenn man sich ein Jahr mit kaltem Regenwasser übergießt, bekommt ein Duschkopf mit Warmwasser nochmal eine neue Bedeutung.

Ich will auch kein Moralapostel werden. Denn ich nutze diese Privilegien und ich tue dies auch gerne. Ich möchte nicht anfangen, mich nur noch kalt zu duschen. Doch ich denke, dass ich mehr Dankbarkeit für meine Privilegien empfinde und das ist doch schonmal etwas.

Wie geht es jetzt für mich weiter? Ich habe mich noch auf den Philippinen entschieden, BWL zu studieren. BWL???, werden jetzt viele denken. Erst ein soziales Jahr machen und dann zum Bonzen werden.
Ich muss gestehen, BWL hat nicht den besten Ruf, besonders nicht die Studenten. Aber ich habe mir Gedanken gemacht und ich habe meine Gründe. Ich habe mir gedacht, dass ich die Welt verbessern will, so wie jeder auch. Aber ich muss es mit den Fähigkeiten machen, die ich habe, die mir liegen. Ich bin ein Fan von Strukturen. Ich mag To-do-Listen, klare Linien. Ich mag es, einen Plan zu entwerfen und zu sehen, wie dieser Plan in die Tat umgesetzt wird. Und ich mag Geld. Das gebe ich auch offen zu. Also habe ich mich für BWL entschieden und kann voller Stolz sagen, dass ich an der Westfälischen Wilhems-Universität Münster angenommen wurde und dort zum Wintersemester anfange.

Somit beginnt für mich ab Oktober also ein neues spannendes Kapitel. Wie es mit dem Blog weitergehen wird, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Es wird wohl keine regelmäßigen Updates mehr geben. Sollte sich auf Palawan jedoch etwas entwickeln, oder Veränderungen sich abzeichnen, seid gewiss, dass ihr die ersten sein werdet, die davon erfahren.

Zum Schluss gilt es zu danken. Allen, die mich finanziell unterstützt haben; dem Bistum Trier, dem Erzbistum Köln, meinen Eltern, meiner Oma. Allen, die mich auf die Reise vorbereitet haben; VIDES Deutschland, Don Bosco Schwestern München, Don Bosco Schwestern Baumkirchen, Veronika Stampler, Broderick Pabillo. Allen, die mein philippinisches Zuhause unterstützt haben (so viele!). Allen, die mich emotional unterstützt haben, die mir Mut gemacht haben, Kraft gegeben haben, wenn ich gezweifelt habe; meinen Eltern, der Taize-Gemeinschaft, Gisela, meinen Brüdern.

Und last but not least: Euch allen, meinen Lesern, die meinen Blog verfolgt haben, die an mich gedacht haben, während ich tausende Kilometer weit weg war, die mir aufmunternde und positive Nachrichten geschickt haben, die sich (und sei es nur für fünf Minuten) für mein Leben interessiert haben, die mich dazu gezwungen haben, meine Erfahrungen zu teilen. Danke.

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Beim Abitur meines Bruders. Man beachte meine Augenringe…

Kurznachricht

Kurznachricht

Hallo nochmal,

an meinem letzten Tag in Macarascas nochmal eine kleine Erinnerung. Die Projekte sind noch immer am laufen und wir würden uns riesig über eure Spende freuen, egal wie hoch der Betrag auch sein mag.

Vielen Dank an die, die schon gespendet haben. Vielleicht können wir gemeinsam noch ein bisschen mehr zusammenbringen. Daher gerne: fleißig teilen!

Danke nochmal und bis bald in Deutschland!

KONTO:

Vides Jugendvolontariat

Kto-Nummer:    2021 205 42

BLZ:       75090300

IBAN:    DE45 7509 0300 0202 1205 42

BIC:       GENODEF1M05

Verwendungszweck Schweinestall:         Spende Projekt Judith Franken, Pigpen
Verwendungszweck Schülersponsor:       Spende Projekt Judith Franken, Scholarship
Name und Adresse zur Zusendung der Spendenquittung (falls erwünscht)

Die Spendenquittung wird wegen Verwaltungsaufwand und -kosten am Anfang des darauffolgenden Jahres verschickt.

Bitte beachtet: Sollten mehr Spenden eingehen, als für die Projekte verwendet werden können, werde ich ein anderes, ggf. bereits laufendes, langjähriges Projekt unterstützen.

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It’s the Final Countdown

It’s the Final Countdown

Meine Tage sind gezählt. Der Countdown hat vor einiger Zeit begonnen, wenn er auch wegen Zeitverschiebung ein bisschen komplexer ist. Die Leute hier zählen die Tage, bis ich abreise, die Leute in Deutschland zählen die Tage, bis ich ankomme. Das ist nicht gleich, weil ich mehrere Tage unterwegs bin.

Heute ist der 25. Juni. Am 28. Juni fliege ich von Palawan nach Manila. Das ist in drei Tagen, meine Learner zählen also drei Tage bis zu meiner Abreise. Am 29. Juni fliege ich von Manila Richtung Deutschland. Das ist in vier Tagen, ich zähle also vier Tage bis zu meiner Abreise. Am 30. Juni komme ich in Deutschland an. Das ist in fünf Tagen, meine Familie zählt also fünf Tage bis zu meiner Ankunft. Das macht die Sache mit dem Countdown so kompliziert.

Egal welche Rechnung man nimmt, es kommt alles auf dasselbe raus; die Zeit ist abgelaufen.

Zehn Monate habe ich hier verbracht. Gemeinsam mit Schwestern, Freiwilligen und Schülern habe ich gelacht, geweint, gefeiert, getanzt, innegehalten, gelehrt und gelernt. Ich habe so vieles erlebt, dass ich es nicht alles aufschreiben kann und nicht alles in meinem Blog festhalten konnte. Ich habe mich bemüht, so vieles wie möglich mit euch zu teilen, jedoch gibt es unzählige kleine Momente, die irgendwo in meinem Gedächtnis schlummern und nicht immer an der Oberfläche präsent sind.

Einige meiner besten und teuersten Erinnerungen sind ganz kleine Momente. Ein Gespräch hier, ein Witz da. Nicht alle Momente waren gut, oder lustig oder bewegend. Aber alles, was ich hier erlebt habe, war lehrreich und ich würde auch die schwierigen, frustrierenden Momente nicht missen wollen, weil sie alle zu diesem Erlebnis beigetragen haben.

Ich habe vieles gelernt, über andere Kulturen, andere Menschen und Geschichten, aber besonders auch über mich, meine positiven und negativen Seiten, was gut ist und was ich verbessern kann. Ich war die letzten Monate hier wirklich glücklich und das kann ich nicht immer von mir behaupten. Aber die Ruhe und Einfachheit hat mich beruhigt und hat mir einen Anker gegeben und wenn es auch immer mal wieder schwierige Tage gab, so haben die guten Tage doch überwiegt und mir ein Gefühl der Zufriedenheit gegeben, das ich so nicht von mir kannte.

Der Gedanke, in drei Tagen diesen Ort zu verlassen, macht mich traurig, weil ich mir ein Leben ohne die Learner im Moment nicht vorstellen kann. Sie sind so sehr Teil meiner Routine und Teil von mir geworden, dass es nur natürlich scheint, sie ständig um mich zu haben. Ich vermisse sie schon, wenn sie für ein Wochenende nach Hause dürfen, wie soll das erstmal werden, wenn ich für immer weg bin?

Ich weiß, dass sie immer ein Teil meiner Reise und Teil meines Lebens bleiben. Ich habe viele Freundschaften geschlossen, hoffentlich fürs Leben. Aber es ist ein Unterschied, ob man jeden Tag zusammen verbringt, oder hier und da mal sich über Facebook schreibt. Das eine kann das andere nicht ersetzen. Ich hoffe natürlich, dass ich eines Tages zurückkommen kann, sehen kann, was aus meinen Kindern geworden ist. Aber wer weiß schon, wann das sein wird und ob ich alle wiedersehe.

Manchmal gucke ich manche meiner Learner an und denke nur, wie sehr ich sie oder ihn vermissen werde. Und wie seltsam ein Leben ohne die erscheint.
Man merkt, ich bin grade in melancholischer Stimmung. Das Leben geht weiter, the show must go on. Ich werde mich auch in Deutschland wieder re-integrieren und Anschluss finden. Und ich werde wirklich immer mit meinen Learnern und Freunden verbunden sein, in Gedanken und Gebet.

Vor allem bin ich dankbar für die Zeit, die wir zusammen hatten. Die kann uns keiner nehmen.

Manager Judith

Manager Judith

Es ist mal wieder viel passiert, ich muss mich also wieder hinsetzen und was „zu Papier“ (eher zum Bildschirm) bringen.

Ich habe eine gute Nachricht und eine schlechte. Ich fange mit der Schlechten an:
Es sind noch 12 Tage, bis ich Palawan verlasse, 13 bis ich aus den Philippinen rausfliege. Die Zeit vergeht wie im Flug. Ich habe das Gefühl, wir haben grade erst Ostern gefeiert, dabei ist das schon drei Monate her. War nicht letzte Woche Halle noch hier? Ach nein, die ist vor zwei Monaten gefahren. Und ich bin doch grade erst aus meinem Urlaub zurück? Nee, Moment. Das war letzten Monat. Time flies when you’re having fun. Und ich habe sicherlich meinen Spaß. Einen stressigen, ermüdenden Spaß, aber Spaß nichtsdestotrotz.

Die gute Nachricht: Es sind noch 12 Tage, bis ich Palawan verlasse, 13 bis ich aus den Philippinen rausfliege.
Hey, ich bin bald wieder da. Stellt den Sekt kalt und bringt mir eine Dusche! (Keine Eimer, sondern eine mit Duschkopf und Warmwasser.) Ich komme bald zurück und sehe meine Familie und Freunde wieder. Ich kann Gespräche von Angesicht zu Angesicht führen, nicht über Telefon, Mail, Brief, SMS. Ich werde die gleichen Storys tausende Male zum besten geben dürfen und jede noch so entfernte Cousine dritten Grades (angeheiratet) beruhigen dürfen, dass ich noch in einem Stück bin. (Daumen drücken!)

Natürlich freue ich mich auf Zuhause und die Leute, aber jeden Tag rückt der Moment näher, da ich mich von meinen Learnern verabschieden muss. Und dazu bin ich definitiv nicht bereit. Ich habe über fünfzig Menschen, die ein permanenter Teil meines Lebens geworden sind, und die ich alle auf einmal gehen lassen muss. Natürlich werde ich sie immer in Gedanken behalten können, gelegentlich schreiben, aber es ist nicht das Gleiche wie jeden Tag beisammen zu sein. Und das wird erstmal sicher nicht leicht.

Besonders da ich grade wieder vollauf beschäftigt bin. Die neuen Learner für das kommende Schuljahr sind letzte Woche angekommen. Wir haben eine unglaubliche Zahl von 22 neuen Learnern, insgesamt sind wir jetzt bei unwahrscheinlichen 56 Learnern für das Schuljahr 2017/18. Man kann sich die Lautstärke bei den Mahlzeiten und den Horror im Klassenzimmer vorstellen.

Ich bin mal wieder zum Mathe-Allrounder auserkoren, unterrichte drei Stufen Mathe; 8, 9 und 11. Ich habe Klassen von 14, 19 und 20 Schülern und versuchen, diese konzentriert, interessiert und aufnahmebereit zu halten ist ein auslaugender Job. Morgens unterrichte ich die Älteren in fortgeschrittener Algebra, nachmittags die Jüngeren mit einfacher Algebra. Das benötigt Vorbereitung, Notizen und jede Menge Geduld.
Meine Geduld ist mittlerweile wirklich außergewöhnlich, aber auch ich kann die Binomischen Formeln nur so oft erklären.

Ich beschwere mich und nörgle, aber es ist eigentlich ein großer Spaß, wie gesagt. Mit den alten Learnern ist es ganz einfach wieder dort anzuknüpfen, wo wir vor den Ferien aufgehört haben. Wir kennen uns, ich kenne sie, ihre Stärken und Schwächen, sie kennen mich, meine Art zu unterrichten, Fragen zu stellen, Antworten zu erzwingen. Es ist wirklich ein Spaß zu sehen, wie die jungen Menschen vor meinen Augen wachsen, sich entwickeln und zu Erwachsenen werden. (Ich klinge wie eine Oma, dabei bin ich selbst noch ein halbes Kind.)

Mit den neuen Learnern ist es interessanter. Es ist ein bisschen wie auf Eierschalen laufen. Man ist sich nicht ganz sicher, wo man hintreten kann, ohne jemanden zu verletzten, verlegen zu machen, oder zu stören. Das geht mir so im Umgang mit denen, wie kann ich auf die zugehen, ohne sie in die Ecke zu treiben, wie viel wollen sie mit mir teilen, wie viel wollen sie erstmal privat behalten? Und natürlich im Unterricht die Frage, wie viel sie wissen, wie fortgeschritten sie sind, wie viel sie verstehen. Eierschalen eben.
Auf deren Seite sind sie natürlich noch unsicher, wie die Dinge hier im Dorm so laufen. Was darf man, was darf man nicht, wo muss man aufpassen. Eierschalen. Zu meiner Freude und Verwunderung haben sie sich aber schon ziemlich schnell eingelebt. Mit den älteren Schülern sind sie schon sehr eng, im Umgang mit mir entspannt und immer mehr zuneigungsvoll. (Ist das ein Wort?) Wie ich so höre, gibt es schon die ersten Schwärme hier und da… Jugend heutzutage…

Zwei unserer drei Schwestern sind für das Wochenende in Manila, ich bin in deren Abwesenheit offiziell zum Manager ernannt worden. Wenn das nicht mal was ist. („Was machst du so?“ „Was mit Management…“) Die Learner sind aber Zuhause, mir bleiben also nur die 15 Verbliebenen um zu managen. Aber wir fangen alle mal klein an.

Meinen Papierkram habe ich soweit schon gemanaged. Flüge, Visum, Ausreiseerlaubnis: Check. Derzeit suche ich einige Souvenirs zusammen und zerbreche mir darüber den Kopf, versuche eine Erinnerung für die Learner dazulassen und muss langsam überlegen, wie ich all meinen Krempel im Koffer verstauen kann. Ich mochte schon immer Tetris.

Für euch gibt es noch immer die Bitte/ Einladung, das Dorm finanziell zu unterstützen. Danke!

!!! ACHTUNG!!! ÜBERARBEITET: Projektspenden

!!! ACHTUNG!!! ÜBERARBEITET: Projektspenden

Ihr habt an dieser Stelle über die Monate, die Einrichtung und Arbeit kennengelernt.

Es sollte sichtbar geworden sein, auf welch einfachem Niveau hier wichtige Arbeit geleistet wird.

Heute möchte ich euch einige Projekte vorstellen, die wir hier im Dorm haben und die ich euch zu unterstützen ermutigen möchte. (Ich bin nicht sicher, ob das so grammatikalisch korrekt ist.)

Unsere Schule kann sich nur erhalten, da wir die angrenzende Farm haben, die uns mit Nahrung versorgt. Zur Farm gehören unter anderem die Schweine, die wir zum Verkauf und Verzehr halten. Leider ist unser Schweinestall in einem schlechten, baufälligen Zustand, der sich auch negativ auf die Gesundheit der Schweine und Ferkel auswirkt (sprich: sie sterben!). Wer sich berufen fühlt, unsere Schweine zu retten, kann das gerne tun, indem er einen noch so kleinen Betrag an die unten folgende Bankverbindung schickt, und im Verwendungszweck „Spende Projekt Judith Franken, Pigpen“ einfügt.

Eine große Menge des Budgets geht außerdem für die Verpflegung und Ernährung der Schüler drauf. Die Farm kann nicht alle ernähren, besonders da wir in diesem Schuljahr 55 hungrige Mäuler zu stopfen haben. Ein 50 kg Sack Reis hält nicht ganz drei Tage, dazu kommen Proteine, Vitamine und was sonst ein Haufen wachsender, pubertierender Wilder braucht.
Einige unserer Learner bekommen die Gelegenheit, außerhalb Palawans in Einrichtungen der Schwestern ihre Schulbildung fortzusetzen. Wir freuen uns, Schüler rauszuschicken und ihnen mehr Chancen zu geben. In diesem Jahr sind vier meiner alten Schüler auf dem Weg nach Manila und Cebu.
Leider gibt es auch außerhalb Palawans nichts umsonst; Unterkunft, Verpflegung und Schulgebühren müssen von den Schülern bezahlt werden. Die Schwestern unterstützen sie zwar so weit wie möglich, jedoch ist auch deren Budget sehr begrenzt.
Sponsoren sind auch hier mehr als willkommen. Das Geld wird ausschließlich für die Schüler benutzt. Einfach die Bankverbindungen von unten nutzen und im Verwendungszweck „Spende Projekt Judith Franken Scholarship“ einfügen.

Ich würde mich riesig freuen, wenn wir so Viele wie möglich dazu ermutigen können, etwas beizusteuern. Die Summe des Einzelnen ist überhaupt nicht bedeutend. Ob 1€, 10€ oder 100€, jeder Beitrag macht einen Unterschied. (1€ sind umgerechnet schon 50 Pesos.)
Da ich natürlich auf die Mitwirkung vieler hoffe, würde ich euch auch bitten, dies mit Interessierten zu teilen. Keiner ist verpflichtet, jeder ist willkommen.

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Vides Jugendvolontariat

Kto-Nummer:    2021 205 42

BLZ:       75090300

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Verwendungszweck Schweinestall:         Spende Projekt Judith Franken, Pigpen
Verwendungszweck Schülersponsor:       Spende Projekt Judith Franken, Scholarship
Name und Adresse zur Zusendung der Spendenquittung (falls erwünscht)

Die Spendenquittung wird wegen Verwaltungsaufwand und -kosten am Anfang des darauffolgenden Jahres verschickt.

Bitte beachtet: Sollten mehr Spenden eingehen, als für die Projekte verwendet werden können, werde ich ein anderes, ggf. bereits laufendes, langjähriges Projekt unterstützen. Auf jeden Fall könnt Ihr sicher sein, dass Eure Spenden sinnvoll und gemeinnützig verwendet werden. Davon werde ich Euch natürlich dann berichten.

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Bäckermeister Judith

Bäckermeister Judith

Der zweite Stopp meiner Reise brachte mich direkt in die wunderbare Metropole Manila; ein Ort, der mir in den drei Besuchen, die ich ihm abgestattet habe, noch nie wirklich zugesagt hat. Es ist laut, es ist groß, es ist dreckig, und vor allem ist es sehr arm. Ich bevorzuge mein Landleben, zwischen all dem Grün, den Bohnen und unseren Schweinen. (Ich sag nur, Miss Bauernhof!)

Diesmal hatte ich aber die Freude, nicht direkt in der Stadt selbst, sondern etwas außerhalb, in dem Gebiet Cavite unterzukommen. Es liegt im Süden Manilas und ist, wenn auch städtisch, noch von genug Grün umgeben, um mich mehr wie in Palawan zu fühlen.

Meine Unterkunft war das Büro der VIDES in Manila. Mal wieder wurde ich wärmstens empfangen, ohne dass sie mich überhaupt kannten. Das muss man den Filipinos wirklich zugutehalten. Sie haben eine wirkliche Willkommenskultur, die sich mir gegenüber immer von ihrer besten Seite gezeigt hat. So auch diesmal.

Ich war in meinem Haus (!) jedoch nicht allein, denn zu meiner Freude ist auch Sara, eine andere deutsche VIDES-Volontärin, nach Manila gekommen und so konnten wir uns gemeinsam die Aktivitäten der VIDES angucken und uns über unsere Erfahrungen austauschen.

Und die Aktivitäten waren reichlich. Am ersten Abend sind wir zum Gottesdienst in der nahen gelegenen Kirche gegangen. Der Priester dort war ein Steyler Missionar. Wie es der Zufall so will, hatte ich letzten Sommer einen Ausflug mit meiner Oma und ihrer Seniorengruppe gemacht und dort ebenfalls einen Steyler Missionar getroffen, der mich ebenfalls auf den Weg des Volontariats und auf VIDES geleitet hat. It’s a small world after all.

Sara und ich mussten uns selbst versorgen und durften so unsere Kochkünste (nicht vorhanden) unter Beweis stellen. Erstaunlicherweise haben wir beide überlebt und sind nicht verhungert. Wer hätte das gedacht.

Der aufregendste Teil allerdings waren die Aktivitäten, die die VIDES gemacht haben und bei denen wir teilnehmen durften. Eine Kampagne ist das Mobile Education Project, die Busina. Wir benutzen den VIDES Transport, um zu Gegenden zu fahren, die wenig bis keinen Zugang zu Bildung haben und unterrichten, spielen und tanzen dort gemeinsam mit den Kindern.

Sara und mir wurde für zwei Tage die Verantwortung übertragen, die Aktion zu planen und moderieren. Wir haben uns also für Klassiker wie Galgenmännchen, Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst und Ballspiele entschieden. Die Kinder hatten ihren Spaß, ich wurde für meine grandiosen Tagalog-Kenntnisse gelobt (Haha), und die ganze Aktion war ein wunderbarer Erfolg. Teil der Busina ist neben der Bildung und dem Spaß aber auch ein kleiner Snack. In der Bäckerei neben dem Büro wird morgens von der Bäckerin eine Riesenladung Brot gebacken, und da wir schonmal da waren, haben wir auch dort angepackt und wunderbare philippinische Teilchen gebacken. Zugegeben, die ersten Versuche waren eher Klötze als elegante Rollen, aber Übung macht den Meister und so war die zweite Runde gar nicht so schlecht. Wenn alles andere scheitert, kann ich eine philippinische Bäckerei eröffnen.

Einer der Orte, die wir besucht haben, war in der Region Tondo in Manila. Die Gegend ist eine der ärmsten und hat mir einen Knoten in den Hals gebracht. Viele Kinder schlafen auf der Straße, mit drei oder mehr Familien in einem kleinen Haus und haben keinen Zugang zu sanitären Anlagen. Das hat mich wirklich traurig gemacht und wirft immer die Frage auf, was ich machen kann, um zu helfen. Das ist nicht so leicht, weil ein Kind allein nicht gegen eine ganze Gemeinde antreten kann. Man muss also mit jeder Partei reden und versuchen, Bildung zu allen zu bringen. Eine schwere Aufgabe, die die VIDES auf sich nehmen.

Neben all der Armut hatte ich gleichzeitig auch eins der besten Erlebnisse meines Urlaubs. In dem Moment, in dem wir mit der Busina angekommen sind, sind die Kinder schon angelaufen gekommen, haben „Vides, Vides“ gerufen und sind fast auf den Wagen geklettert. Als wir ausgestiegen sind, wurden wir sofort umzingelt und umarmt. Da waren sofort dieses Vertrauen und eine Zuneigung, die auf keine meiner Taten basiert war. Die Leute und Kinder sind so gut, dass es mich wirklich erwärmt und dass es die Armut nicht mehr ganz so schlimm zu beobachten macht.

Ein weiteres Highlight, und der eigentliche Grund der Reise war die Ewige Profess der Schwestern in Manila. Neun Schwestern feierten ihr 25-jähriges Schwestern-Jubiläum und eine neue Schwester wurde in den Orden aufgenommen. Ich hatte noch nie an einer Profess teilgenommen und war dementsprechend gespannt. Und ich muss sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Es waren mehr als hundert Schwestern da, ein Meer aus weiß. Dazu kamen salesianische Priester (unser Priester aus Macarascas war auch da), Brüder, Familie und Freunde. Ich zähle mich dabei einfach zu Freunden. Wir hatten einen wunderbaren Gottesdienst, die neue Schwester hat ihre Gelübte abgegeben, der Bischof hat eine wunderbare Predigt über die Bedeutung von „Bukas Palad“ gehalten. Bukas Palad bedeutet „offene Hände“ und der Bischof hat uns verdeutlicht, dass man nur mit geöffneten Händen etwas geben, und auch nur mit geöffneten Händen etwas erhalten kann. Es ist also wichtig, dass wir mit offenem Geist und offenen Händen unseren Mitmenschen begegnen. Das fand ich, besonders als Freiwillige, sehr passend gesagt.

Bei der anschließenden Party gab es ein gutes Catering, die Schwestern haben das Entertainment dargeboten und ich konnte mich mit meine Bekannten unterhalten. Das klingt wirklich komisch, weil man natürlich fragen könnte, „Judith, was für Bekannte hast du denn in Manila?“. Gute Frage. Aber lustigerweise kann ich durch einen vollen Raum in Manila gehen und immer wieder von bekannten Gesichtern zu einem kleinen Plausch angehalten werden. Der Großteil dieser Bekannten sind natürlich Schwestern, die ich auf meinem Weg getroffen habe, aber es ist immer schön, sich wiederzusehen und ein kleines Update zu bekommen. Selbst wenn das heißt, dass man die gleiche Unterhaltung mehrfach führen muss. („Ja, mir geht es gut in Palawan. Ja, ich mag Reis. O, ich unterrichte Englisch und Mathe …“)

Es war also wirklich ein erfolgreicher Urlaub, mit gutem Essen, wunderbaren Leuten und tollen neuen Erfahrungen. Jetzt ist mein letzter Monat angebrochen und in einer Woche kommen die Learner von ihren Sommerferien zurück. Ich darf mich um Souvenirs kümmern, mein Zimmer ausmisten und in all dem Spaß werde ich mit einfache Mathematik und einfachem Englisch auf die neuen Learner losgelassen.

Es bleibt also bis zum Ende hin spannend.

Kulturschock; Von Lapulapu, Balut und Tinikling

Kulturschock; Von Lapulapu, Balut und Tinikling

Meine letzten Wochen der Abwesenheit sind diesmal gut begründet und nicht auf meine Faulheit zurückzuführen. Ich hatte Mitte Mai für zwei Wochen Ferien und hab ein wenig Zeit außerhalb des Dorms verbracht. Zwei wunderbare Wochen voller Ruhe und Ausgeglichenheit, voller Fried und Freud, ohne die Learner, ich ganz allein.

Das ist nicht so ganz richtig. Ich war weder allein, noch war es ruhig und ich habe meine Learner furchtbar vermisst.

Aber ich hatte auch zwei wunderbare Wochen, in denen ich viel Neues erlebt habe, tolle Menschen kennenlernen durfte und eine tolle Zeit erfahren konnte.

Die erste Woche habe ich auf der Insel Cebu verbracht. Dort war ich in der Mary Help of Christians School der Schwestern, wo ich herzlichst empfangen wurde und mich gleich wie Zuhause fühlte. Die Schule ist kein Vergleich zu Palawan. Statt unserer 45 Schüler sind dort über tausend. Die Schule beherbergt alle Klassenstufen vom ersten bis zum zwölften Schuljahr. Da ich zur Zeit der Sommerferien dort war, habe ich nicht das ganze Ausmaß gesehen, konnte aber bei einigen Aktivitäten dabei sein und gleichzeitig ein bisschen touristisches Sightseeing in Cebu machen.

Hier ein bisschen geschichtlicher Hintergrund zu den Philippinen: 1521 kam der portugiesische Seefahrer Magellan unter spanischer Krone mit seinen Männern auf die Philippinen. Nach anfänglicher Freundlichkeit der Einheimischen gegenüber den „Entdeckern“ traf Magellan in Cebu auf den legendären Anführer Lapulapu, dessen Männer in einem erbitterten Kampf am 27. April 1521 Magellan besiegten und töteten. Lapulapu wurde zum Nationalhelden und wird noch heute als „lolo namin“ (unser Großvater) bezeichnet. Die überlebenden Männer Magellans stachen im Mai 1521 unter der Führung Juan Sebastian Elcanos auf der „Victoria“ in See und kamen im September 1522 in Spanien an, wodurch sie die erste Weltumseglung beendeten.
Magellan brachte trotz seines Todes einiges mit auf die Philippinen. Als Geschenk brachte er eine kleine Jesusfigur, ein Kreuz und den katholischen Glauben an sich. Die spanische Kolonialherrschaft aber kam erst 1565 durch einen mexikanischen Eroberer, der die Philippinen nach dem zu dem Zeitpunkt herrschenden spanischen König, Phillip II., benannte.
Die Philippinen wurden zu einem hervorragenden strategischen Handelspunkt zwischen dem spanischen Einflussgebiet in Südamerika und dem reichen Handelspartner China.

Genug der Geschichte, zurück zu mir. Ich konnte das Schlachtfeld von Lapulapu begutachten und einen Blick auf den berühmten Santo Niño erhaschen. Ich habe Simala besucht, eine palastartige Kapelle zu Ehren Mariens, wohin tausende von Bittstellern pilgern, um zu Maria zu beten und sie um etwas zu bitten. Es haben so viele Menschen gespendet und sich für erfüllte Bitten bedankt, dass die Mönche einen riesigen Gebäudekomplex anlegen konnten.
Ansonsten habe ich die unzähligen Mangos genossen, die berühmten Spanferkel (Lechon) geschnuppert und Armbänder aus Perlen gemacht.
Außerdem hatte ich die Freude, bei den Summer Classes für Musik zuzuschauen. Der Musiklehrer und Geiger, genannt Sir O, hat mich in seiner Klasse begrüßt, meine Geige bewundert (wirklich bewundert!), und ich konnte mit seinen Jungs jammen. Das ist etwas, was ich auf der Geige normalerweise selten machen kann. Unser Song: My Heart Will Go On. Klassisch.

Das Highlight meiner Reise war wohl mein völliges Eintauchen in die philippinische Kultur durch die Form des Tanzes und Essens. Die philippinische Kultur ist unheimlich reich mit vielen Gerichten, Ausdrücken und besonders Tänzen. Eins der beliebtesten und berüchtigtsten Gerichte ist das sogenannte Balut. Es ist so gesehen ein Ei, gekocht, jedoch mit einem Embryo drin. Das klingt furchtbar grausam, schmeckt aber erstaunlich gut. Der Anblick des kleinen Baby-Kükens ist zwar im ersten Moment etwas … überraschend, aber auch da kommt man drüber hinweg. Fühle ich mich grausam, wie ein armer Baby-Küken-Mörder, der die Unschuld der weniger starken Kreaturen ausnutzt? Nicht wirklich. Schmeckt wirklich gut.

Neben meiner Grausamkeit und Skrupellosigkeit bin ich aber auch ein begnadeter Tänzer mit elfengleichen Bewegungen, Charme und Grazie, der jeden wahren Filipino neidisch

machen kann. Während einer Tour zur Shopping Mall haben die Schwestern und ich entdeckt, dass eine kulturelle Show mit traditionellen philippinischen Tänzen stattfinden würde. Wir haben also philippinische Kultur in Hülle und Fülle bestaunt und uns von den farbenfrohen Kostümen und wunderbaren Tänzen beeindrucken lassen. Zum Ende hin haben die Tänzer Tinikling getanzt. Das ist ein beliebter Tanz, bei dem zwei Leute zwei Stöcke in fortwährendem Rhythmus schlagen und somit den Beat machen. Zwei (oder mehr) andere Tänzer springen und tanzen zwischen den Stöcken herum und vollführen Choreos zusammen.
Großzügig wie die Tänzer sind haben sie nach ihrer beeindruckenden Vorstellung um Freiwillige aus dem Publikum gebeten. Da ich von Natur aus nicht gerne im Mittelpunkt stehe, bin ich in meinem Stuhl zusammengesunken, bis mich meine Begleitung, Sr. Claudia, vorgeschlagen hat. Ich konnte schlecht eine Szene machen und durfte somit auf der Bühne mit den Tänzern mein Bestes geben. Der Rhythmus ist simpel genug, dass ich ihn schnell verstehen konnte und so bin ich fröhlich zwischen den Stöcken herumgehüpft, bis die Jungs „Schneller, schneller“ gerufen haben und den Rhythmus immer weiter vorangetrieben haben. Zu allem Überfluss rief mir mein Tanzpartner auch noch zu, dass ich die Augen schließen soll. Also spring ich mit geschlossenen Augen zwischen zwei Stöcken herum, die immer schneller zusammengeschlagen werden, und versuche, nicht zu sterben und alle Gliedmaßen bei mir zu behalten. Ich habe noch beide Füße. Grade so.

Das war die erste Woche meines Mai-Urlaubs und mein Versinken in die Kultur der Philippinen. (Mir wurde gesagt, dass ich eine gute Figur abgegeben hätte…). Für die zweite Woche bin ich nach Manila geflogen, habe dort die philippinischen VIDES getroffen und durfte an der Ewigen Profess der Schwestern teilnehmen.

Meine Erlebnisse dieser Woche werde ich so schnell wie möglich mit euch teilen. Bis dahin freut euch an der Vorstellung, wie ich zwischen den Bambusstöcken rumspringe und versuche, nicht an einem Lachkrampf zu ersticken…

Frühjahrsputz!

Frühjahrsputz!

Die nächsten großen Aktionen sind jetzt beendet. Wir haben die Prüfungen alle lebend überstanden, meine Kids haben fantastisch abgeschnitten, Geometrie for President!

11 Schüler haben ihren Abschluss geschafft und können ab Sommer zur Senior High School gehen.
Ich bin super stolz, dass alle sich so gut geschlagen haben und dass wir jetzt zur nächsten Stufe übergehen können; Trigonometrie und fortgeschrittene Algebra…. Na toll. Ich habe mir mal die Module angeguckt. Ich glaube, ich muss mal fleißig lernen. Aber das hat noch ein bisschen Zeit. Jetzt ist erstmal ein bisschen Ruhe angesagt.

Wobei wir nicht so wirklich zur Ruhe kommen konnten. Als erstes mussten wir meine Mit-Volontärin Halle verabschieden. Sie ist Ende April zurück nach Kanada geflogen. Das war wirklich ein trauriger Verlust, da wir über die gemeinsamen acht Monate enge Freunde und Verbündete geworden sind. Da war der erste Moment im leeren Zimmer ein richtiger Schock. Aber so ist das Leben. Die Leute kommen und gehen und dank der modernen Medien stehen wir noch weiterhin in Kontakt und können am Leben des jeweils anderen teilhaben.
Auch die Learner waren furchtbar traurig, dass Halle gehen musste. Ich glaube, sie sind jetzt ein bisschen traumatisiert, denn sie sagen mir ständig, dass ich nicht gehen und sie nicht im Stich lassen soll. Bricht mir das Herz, weil auch ich irgendwann gehen muss.

Als nächstes kam der neue Bischof zu Besuch in unsere Gemeinde und wir mussten den Gottesdienst und eine kleine Aufführung für ihn vorbereiten. Zum Glück war das nur ein Sonntagvormittag. Der Bischof selbst war sehr nett und hat sich für die Learner Zeit genommen.

Bevor wir die Learner in die Sommerferien entlassen werden, müssen wir das Dorm von oben bis unten putzen. Jeder Raum wird komplett durchgewischt, Kisten werden ausgemistet, das Gelände wird ausgemistet, der Ofen wird erneuert. Ein richtiger Frühjahrsputz, nur dass wir hier keinen Frühling haben und die Temperatur dauerhaft bei über 30°C liegt. Mein Zimmer muss ich täglich fegen, abstauben und organisieren. Die Schlafsäle der Jungs und Mädchen werden ausgeräumt und durchgewischt, der Multi-Purpose-Raum wurde bis in die hinterste Ecke geschrubbt (inklusive Wände), die Bücherregale wurden geputzt, die Küche, die Schränke, alles. Dabei haben wir in einer der Kisten auch einen Stapel Blockflöten gefunden. Da die Learner aufgrund meiner Geige das Gefühl haben, dass ich automatisch jedes Instrument spielen kann, wurde ich zum Blockflötenlehrer beauftragt. Habe ich je Blockflöte gespielt? Nein. Aber es gibt eine Grifftabelle und bis zu Old MacDonald habe ich es schon gebracht.

Gestern hatten wir alle zusammen einen kleinen Ausflug zur nächsten Barangay, Buenavista. Die ehemalige Hausmutter des Dorms, Ate Jenny, hat dort ein kleines Resort und hat uns alle willkommen geheißen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie wusste, dass sie sich auf 45 Wilde mit drei Betreuern einlässt, aber die Learner haben sich gut benommen. Wir sind morgens um halb fünf aufgestanden und um fünf Uhr losgelaufen, damit wir es noch relativ kühl haben. Der Weg dauert etwa zwei Stunden und wir hatten eine schöne Zeit, im Morgengrauen durch die Natur zu laufen. Auf etwa der Hälfte der Strecke hat uns das öffentliche Verkehrsmittel, der Jeepney, eingeholt und alle sind eingestiegen. Nur die beiden alten Ates, Ate Matet und ich, sind standhaft geblieben und sind den ganzen Weg zu Fuß gegangen.

Bei Ate Jenny hatten wir den ganzen Tag Zeit zu entspannen, zu schwimmen, essen, plaudern, sonnenbaden, … Wir hatten eine Menge Spaß alle zusammen. Gegen Mittag hat dann ein sinnflutartiger Regen eingesetzt und später kam ein heftiges Gewitter. Ich musste alle aus dem Wasser rausscheuche, weil ich wirklich keinen Stromschlag gebrauchen konnte. Ich war so ziemlich die einzige, die sich Gedanken gemacht hat, aber bei Blitzen müssen nun mal eben alle aus dem Wasser. Da verstehe ich keinen Spaß. Außerdem habe ich vergessen, was man im Notfall machen muss, also hätte ich ein Kind sterben lassen müssen. Nicht mit mir. Alle raus aus dem Wasser.

Stattdessen haben wir Volleyball und Strand-Football gespielt. (Die Jungs haben keine Ahnung von den Regeln!)

Es war ein wirklich wunderbarer Tag, den wir mit einem wunderschönen Sonnenuntergang haben ausklingen lassen. Wieder einmal konnte ich vor der Schönheit der Natur nur staunen. Solche Sonnenuntergänge kriegen wir in Deutschland einfach nicht.

Morgen geht es für die meisten der Learner nach Hause in die Sommerferien. Einige bleiben hier, um sich um das Gelände zu kümmern und ihre Arbeiten zu beenden. Und für mich sind es die letzten gemeinsamen Tage mit den Absolventen. Die werden ab dem nächsten Schuljahr woanders zur Schule gehen und nicht mehr zurück ins Dorm kommen. *seufz*

Jetzt sind aber erstmal Ferien!

Ostern, die dritte.

Ostern, die dritte.

Die wohl aufregendste Messe des Kirchenjahres ist immer die Osternacht, die überall pompös gefeiert wird. In den Philippinen ist das nicht anders. Auch hier hat die Osternacht mit dem Osterfeuer vor der Kirche angefangen. Anschließend sind wir in die Kirche eingezogen, wo wir uns geistig und

körperlich auf die vielen, vielen Lesungen vorbereitet haben. Die Filipinos haben in ihrer Weisheit diese auf fünf runtergekürzt, was eine eindeutige Erleichterung ist. Unsere Learner waren beteiligt, sei es als Stimme Jesu, als Darsteller von Abraham und Isaak, oder als Sänger der Antwortgesänge. Das hat die Länge deutlich erträglicher gemacht, außerdem habe ich die Antwortgesänge mit meiner Geige begleitet, weshalb ich während der Lesungen nicht einschlafen durfte.

Zusätzlich zu meiner Nervosität wegen des Geigenspieles wurde ich auch noch auserwählt, den gregorianischen Alleluia Introitus zu singen, den normalerweise der Priester übernimmt. Da war mein Lampenfieber auf einem absoluten Hoch.

Nach dem Halleluja ging das Licht an, die Glocke wurde geläutet und das ganze Spektakel on Ostern nahm seinen Lauf. Das freut mich jedes Jahr aufs Neue. Ansonsten war die Messe der deutschen ziemlich ähnlich, weitaus weniger dramatisch als ich das von Zuhause gewöhnt bin.

Unsere ehemaligen Learner haben zum Auszug einen Tanz aufgeführt. Der ganze Spaß hat etwa zweieinhalb Stunden gedauert, war also im Vergleich zu Deutschland ein echter Schnelldurchlauf.

Wir sind nach Hause gegangen und nach dem Abendessen früh ins Bett, denn…

Am nächsten Morgen sind wir um halb drei aufgewacht, weil wir wiedermal einer Prozession beigewohnt haben, die natürlich nicht bei uns um die Ecke, sondern um vier Uhr im Nachbardorf angefangen hat. Die Prozession, „salubong“, ist zweigeteilt. Eine Gruppe kommt aus dem einen Dorf, Bahile, und trägt den auferstandenen Jesus, die andere Gruppe kommt aus der anderen Richtung und trägt die trauernde Maria. Die beiden treffen sich dann vor der Kirche, Engelchen singen, Marias Schleier wird entfernt und so sieht Maria den auferstandenen Jesus. Zumindest auf den Philippinen läuft das so ab.

Nach dem Treffen sind wir alle in die Kirche und haben die Messe zum Ostersonntag gefeiert. Ich bin die Hälfte der Zeit fast eingeschlafen und konnte mich nur grade so aufrecht halten. Da haben sich dann endlich die Zwei-Stunden-Nächte, 10 km Märsche und arbeitsintensiven Tage gezeigt. Also sind wir gleich nach dem Frühstück ins Bett und haben bis zum Mittagessen durchgeschlafen.

Nachmittags haben wir für die Learner eine kleine Ostereiersuche auf dem Gelände organisiert, damit sie sich auspowern und die Gedanken für einen Tag von den bevorstehenden Prüfungen losmachen konnten.

Damit endeten die Osterfeierlichkeiten und somit endet auch meine Blog-Oster-Trilogie. Die Verzögerung tut mir leid. Der nächste Bericht wird sich dann mit den April-Prüfungen beschäftigen. Drückt die Daumen!