Es ist mal wieder viel passiert, ich muss mich also wieder hinsetzen und was „zu Papier“ (eher zum Bildschirm) bringen.

Ich habe eine gute Nachricht und eine schlechte. Ich fange mit der Schlechten an:
Es sind noch 12 Tage, bis ich Palawan verlasse, 13 bis ich aus den Philippinen rausfliege. Die Zeit vergeht wie im Flug. Ich habe das Gefühl, wir haben grade erst Ostern gefeiert, dabei ist das schon drei Monate her. War nicht letzte Woche Halle noch hier? Ach nein, die ist vor zwei Monaten gefahren. Und ich bin doch grade erst aus meinem Urlaub zurück? Nee, Moment. Das war letzten Monat. Time flies when you’re having fun. Und ich habe sicherlich meinen Spaß. Einen stressigen, ermüdenden Spaß, aber Spaß nichtsdestotrotz.

Die gute Nachricht: Es sind noch 12 Tage, bis ich Palawan verlasse, 13 bis ich aus den Philippinen rausfliege.
Hey, ich bin bald wieder da. Stellt den Sekt kalt und bringt mir eine Dusche! (Keine Eimer, sondern eine mit Duschkopf und Warmwasser.) Ich komme bald zurück und sehe meine Familie und Freunde wieder. Ich kann Gespräche von Angesicht zu Angesicht führen, nicht über Telefon, Mail, Brief, SMS. Ich werde die gleichen Storys tausende Male zum besten geben dürfen und jede noch so entfernte Cousine dritten Grades (angeheiratet) beruhigen dürfen, dass ich noch in einem Stück bin. (Daumen drücken!)

Natürlich freue ich mich auf Zuhause und die Leute, aber jeden Tag rückt der Moment näher, da ich mich von meinen Learnern verabschieden muss. Und dazu bin ich definitiv nicht bereit. Ich habe über fünfzig Menschen, die ein permanenter Teil meines Lebens geworden sind, und die ich alle auf einmal gehen lassen muss. Natürlich werde ich sie immer in Gedanken behalten können, gelegentlich schreiben, aber es ist nicht das Gleiche wie jeden Tag beisammen zu sein. Und das wird erstmal sicher nicht leicht.

Besonders da ich grade wieder vollauf beschäftigt bin. Die neuen Learner für das kommende Schuljahr sind letzte Woche angekommen. Wir haben eine unglaubliche Zahl von 22 neuen Learnern, insgesamt sind wir jetzt bei unwahrscheinlichen 56 Learnern für das Schuljahr 2017/18. Man kann sich die Lautstärke bei den Mahlzeiten und den Horror im Klassenzimmer vorstellen.

Ich bin mal wieder zum Mathe-Allrounder auserkoren, unterrichte drei Stufen Mathe; 8, 9 und 11. Ich habe Klassen von 14, 19 und 20 Schülern und versuchen, diese konzentriert, interessiert und aufnahmebereit zu halten ist ein auslaugender Job. Morgens unterrichte ich die Älteren in fortgeschrittener Algebra, nachmittags die Jüngeren mit einfacher Algebra. Das benötigt Vorbereitung, Notizen und jede Menge Geduld.
Meine Geduld ist mittlerweile wirklich außergewöhnlich, aber auch ich kann die Binomischen Formeln nur so oft erklären.

Ich beschwere mich und nörgle, aber es ist eigentlich ein großer Spaß, wie gesagt. Mit den alten Learnern ist es ganz einfach wieder dort anzuknüpfen, wo wir vor den Ferien aufgehört haben. Wir kennen uns, ich kenne sie, ihre Stärken und Schwächen, sie kennen mich, meine Art zu unterrichten, Fragen zu stellen, Antworten zu erzwingen. Es ist wirklich ein Spaß zu sehen, wie die jungen Menschen vor meinen Augen wachsen, sich entwickeln und zu Erwachsenen werden. (Ich klinge wie eine Oma, dabei bin ich selbst noch ein halbes Kind.)

Mit den neuen Learnern ist es interessanter. Es ist ein bisschen wie auf Eierschalen laufen. Man ist sich nicht ganz sicher, wo man hintreten kann, ohne jemanden zu verletzten, verlegen zu machen, oder zu stören. Das geht mir so im Umgang mit denen, wie kann ich auf die zugehen, ohne sie in die Ecke zu treiben, wie viel wollen sie mit mir teilen, wie viel wollen sie erstmal privat behalten? Und natürlich im Unterricht die Frage, wie viel sie wissen, wie fortgeschritten sie sind, wie viel sie verstehen. Eierschalen eben.
Auf deren Seite sind sie natürlich noch unsicher, wie die Dinge hier im Dorm so laufen. Was darf man, was darf man nicht, wo muss man aufpassen. Eierschalen. Zu meiner Freude und Verwunderung haben sie sich aber schon ziemlich schnell eingelebt. Mit den älteren Schülern sind sie schon sehr eng, im Umgang mit mir entspannt und immer mehr zuneigungsvoll. (Ist das ein Wort?) Wie ich so höre, gibt es schon die ersten Schwärme hier und da… Jugend heutzutage…

Zwei unserer drei Schwestern sind für das Wochenende in Manila, ich bin in deren Abwesenheit offiziell zum Manager ernannt worden. Wenn das nicht mal was ist. („Was machst du so?“ „Was mit Management…“) Die Learner sind aber Zuhause, mir bleiben also nur die 15 Verbliebenen um zu managen. Aber wir fangen alle mal klein an.

Meinen Papierkram habe ich soweit schon gemanaged. Flüge, Visum, Ausreiseerlaubnis: Check. Derzeit suche ich einige Souvenirs zusammen und zerbreche mir darüber den Kopf, versuche eine Erinnerung für die Learner dazulassen und muss langsam überlegen, wie ich all meinen Krempel im Koffer verstauen kann. Ich mochte schon immer Tetris.

Für euch gibt es noch immer die Bitte/ Einladung, das Dorm finanziell zu unterstützen. Danke!

Ein Gedanke zu “Manager Judith

  1. Liebe Judith,

    kaum zu fassen, dass dein Einsatz zu Ende geht. Soeben hat Sr. Martina den Kopf ins Büro hereingesteckt und ich habe ihr von deiner „guten und schlechten Nachricht“ erzählt. Da hat sie mich gebeten, dir gleich zu sagen, dass heute die Mutter-Kind-Exerzitien angefangen haben und die Kinder, die dich vom Vorjahr kennen, schon nach dir gefragt haben. Du bist also in guter Erinnerung :)))
    Zurzeit sind zwei andere Volontärinnen bei uns und geben ihr Bestes – eine aus Hallein und eine aus München. Deren Einsatzort werden Benin und Bolivien sein.
    Dir noch eine gute Zeit auf den Philippinen, eine gute Heimreise und wenn du alle Freundinnen einmal über deinen Einsatz informiert hast, dann bist du auch bei uns herzlich willkommen!
    Solltest du Sr. Catherine Urgello (Provinzökonomin) noch treffen oder Sr. Marivic (Santa Ana Maria Victoria) – beide im Provinzhaus – dann richte ihnen bitte die allerliebsten Grüße von mir aus.

    Guten Flug und gutes Landen – Letzteres auch im übertragenen Sinn.
    Sr. Maria

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